Fingerfux

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Ein einziges Lied für Gitarre ein ganzes Jahr lang geübt?

Ein Jahr und nur ein Lied? Habe ich meine Zeit verschwendet oder hat es mir etwas gebracht?

Wie lange und wie viel muss ich etwas auf der Gitarre üben, bis ich es kann?

Diese Frage stellen sich viele Anfänger, die gerade Gitarre lernen und am liebsten sofort so spielen möchten, wie es ihre Vorbilder können. Heute möchte ich euch aber zeigen, dass es mir als Gitarrenlehrer teilweise immer noch so geht und euch damit hoffentlich etwas Druck beim Üben nehmen. Der heutige Beitrag richtet sich an alle, die immer wieder an sich zweifeln und das Gefühl haben, beim Gitarre lernen für alles zu lange zu brauchen.

Ich habe im März 2020 ein eigenes Lied geschrieben, inspiriert von James Bay und Noah Cyrus.

Die Melodie von “Hold Back the River” und der Stil von Noah Cyrus - “July” haben mich dazu angeregt, ein Instrumentalstück auf der Akustikgitarre zu schreiben. Nach drei Monaten war die erste Fassung fertig, und der Ärger groß - ich konnte mein eigenes Lied nicht in einem Stück spielen, weil ich mich dauernd verspielte.

Für eine passable Aufnahme musste ich es etliche Male spielen, und ob es mir gelang oder nicht, war eher Zufall als gewollt.

Frustriert vom Gitarre spielen - ich übe und übe und doch klappt es nicht.

Mein nächster Ansatz war also eine Deadline: Zum Konzert meiner Band im August 2020 nahm ich mir vor, es mit ins Programm zu nehmen, denn dann muss ich es ja bis zu dem Auftritt können. Beim Warmspielen im Backstage-Bereich merkte ich aber, dass es nicht funktionieren wird. Die Enttäuschung war wieder groß und ich führte das Stück nicht auf, sondern spielte stattdessen ein anderes.

Ich dachte also in Ruhe nach: Warum funktioniert das Lied nicht, obwohl ich es dauernd übe? Die Antwort war: zu viel Druck und zu hohe Erwartungshaltung beim Üben!

Wirklich, das Problem war vor allem: in meinem Kopf! Wenn die Bewegungsabläufe noch nicht so verinnerlicht sind, dass man sich darum keine Gedanken mehr machen muss, kann man sich auch nicht auf den musikalischen Ausdruck konzentrieren. Außerdem fand ich heraus: es gibt einen großen Unterschied zwischen: “Ich kann das” und “ich kann das jederzeit problemlos abrufen”!

Die Lösung ist also: ein langfristiger Ansatz statt Deadlines.

Die nächsten Wochen & Monate habe ich das Lied immer wieder mal morgens, in der Mittagspause oder wenn ich eben gerade Zeit hatte gespielt, und einfach die Dinge passieren lassen, statt andauernd verbissen und mit hoch gesteckten Zielen zu üben. Ich hatte einfach nur großen Spaß daran, meine Gitarre zu spielen!

Was dabei heraus gekommen ist und wie das Gitarrenstück nun nach einem ganzen Jahr üben klingt, seht ihr auf meinem Fingerfux-Kanal auf Youtube!